inside labs: ein Snow-Bum-Unternehmen
2016 entschieden meine Mitgründer und ich das Digital Services Team von LAAX - einem der grössten Wintersportorte Europas - auszugliedern und unsere Arbeit als Start-up weiterzuführen. Unser Ziel war es, die Tourismuswelt, nicht nur in Laax, nachhaltig zu verändern. Konkret heisst dies: Wir wollten neue digitale Lösungen entwickeln, die es Tourismusdestinationen ermöglichen, bedeutungsvollere Kundenbeziehungen zu kreieren. Im Rahmen unserer anstehenden Blog- und Podcast-Serie möchten wir unsere bisherigen Erfahrungen sowie Gedanken zur Zukunft von der Digitalisierung im Tourismus teilen. In diesem Artikel gebe ich euch Einblicke in die Anfänge von inside labs und wie sich unsere Ziele im Laufe der Jahre verändert haben.
inside labs entstand aufgrund der Erkenntnis, dass wir bei der Weisse Arena Gruppe (LAAX) keine durchdachte Strategie zur Monetarisierung der uns zur Verfügung stehenden Kundendaten hatten. Es musste also eine Lösung her, mit der wir aus Kundendaten Mehrwerte kreieren. Gleichzeitig wussten wir, dass der Wettbewerb in Form von grossen technischen Player, nicht schläft. Booking.com war bereits zum Alltags-Brand geworden und nicht mehr wegzudenken. Zudem drängte 2015 Airbnb erfolgreich in den bisher schwerfälligen und veralteten Markt der Ferienwohnungen in Europa. Es wurde klar: Der Tourismussektor gehört zu den Schlusslichtern in Sachen Digitalisierung. (Link zu Harvard Review)
Auf der Suche nach einer zukunftsgerichteten Lösung führten Reto Gurtner—CEO und Vorstandsvorsitzender der Weissen Arena Gruppe in LAAX—und ich sodann eine intensive Evaluierungsrunde von etablierten Softwareanbietern durch. Uns wurde jedoch schnell klar: Keiner der bestehenden Anbieter lieferte vielversprechende Ergebnisse und keine der erhältlichen Softwarelösungen entsprach unseren Anforderungen. Denn wir waren auf der Suche nach einer Lösung, die vielschichtig und komplex war: Sie sollte Kundenkommunikation, Loyalty-Marketing, Datentransparenz und Preisflexibilität umfassen. Dabei stand für uns nicht unbedingt im Vordergrund, die sogenannte “eierlegende Wollmilchsau” zu finden. Vielmehr sollte die Lösung in grosser Geschwindigkeit unmittelbaren Kundennutzen erbringen.
Salesforce als eine mögliche Lösung war zwar leistungsstark, aber letztendlich nur ein CRM Tool mit einem stolzen Preis. Ein anderes Unternehmen — ein innovatives Start-Up aus Deutschland — bot uns an, eine interessante Analytics-Suite bereitzustellen. Diese reichte jedoch für nicht viel mehr als eine Datenvisualisierung. Ein neues Ticketsystem bot zwar eine bessere und vielseitige Hardware, half jedoch nicht, dem Kunden eine bedeutungsvolle Geschichte zu erzählen.
Die „schnell scheitern“ und „minimum viable products“ Mentalität des Silicon Valley inspirierte uns und wir zogen eine andere Herangehensweise in Erwägung. Zu dieser Zeit erhielten wir in Laax Besuch von Nick Muldoon, damaliger Agile Coach bei Twitter. Nick Muldoon war für das Wachstum bei Twitter von einigen hundert auf tausende von Mitarbeitern verantwortlich. Nick legte uns nahe, eine alternative, hauseigene Herangehensweise zu wählen. Nämlich ein engagiertes Team aufzubauen, welches sich voll und ganz dem bestehenden Problem widmet. Acht Wochen später hatte ich einen CTO und zwei Softwareentwickler in meinem Büro sitzen und wir begannen die Reise ins Ungewisse.
Wir tauchten wortwörtlich in das Ungewisse ein. Damals verfolgten wir das vage Ziel, ein datenbasiertes, nahtloses Kundenerlebnis zu schaffen — was damals auch immer unter nahtlos zu verstehen war. Zu der Zeit arbeiteten wir mit einem externen App-Anbieter, der kurz vor der Markteinführung seines Produkts stand. Gleichzeitig war unser Grossprojekt zum Neustart der Webseite im Gange. Deshalb konzentrierte sich unsere Arbeit vorwiegend auf das Backend-System und die Datenlandschaft.
Über Laax:
Innerhalb der ersten Monate stellten wir fest, dass es Unmengen von Daten gab, die untersucht, visualisiert und interpretiert werden konnten. Leider waren diese Daten aber nicht wirklich zielführend. Warum nicht? Ein Grossteil der Daten war desolat. Das heisst: Viele der Daten waren separat betrachtet zwar interessant, aber als Ganzes irreführend. Vieles davon war also unbrauchbar und hätte sogar falsch interpretiert werden können. Dies war insbesondere im Zusammenhang mit Kundenprofilen der Fall. Nicht brauchbare E-Mails, falsche Angaben, keine Produktinformationen und veraltete Systemschnittstellen gehörten zu den Hauptquellen für die schlechte Wiederverwertbarkeit. Wir analysierten die Situation und legten ein besonderes Augenmerk auf die Frage, ob historische Daten mit aktuellen und zukünftigen Kundenaktionen abgeglichen werden können. Ein Ding der Unmöglichkeit! Nach diesem gescheiterten Versuch beschlossen wir drastische Massnahmen zu ergreifen.
Unser Ziel war jetzt die Entwicklung eines Systems, das eine direkt messbare Kundeninteraktion ermöglichte; und zwar über das Zusammenbringen von Daten und Kunden. Dabei war für uns von Anfang an klar: Unsere Haltung und Denkweise war das Ausprobieren neuer Wege. Zugleich war die Schaffung von Kundenmehrwert im Vordergrund. Das Ziel des absoluten Kundenfokus diente als Kompass, anhand dessen wir unsere Richtung einschlugen. Zunächst beschlossen wir also einen neuen digitalen Hub zu schaffen, der es Kunden erlaubte, sich über eine (neue) App direkt mit der Destination in Verbindung zu setzen. Gleichzeitig sollte uns der digitale Hub ermöglichen, auf direktem Wege mit dem Kunden zu kommunizieren. Eine Win-Win-Situation also. Wir entschieden uns auf ein essentielles E-Commerce-System zu beschränken, das Ticketing zu fördern und mit neuen Ansätzen innerhalb des Teilproblems ‘Ticketing’ zu experimentieren. Das Testen von neuen Ticketangeboten brachte den Vorteil, dass wir uns nicht unnötig mit dem Abbilden bestehender Produkte beschäftigen mussten. Wir konnten uns auf die Einführung von neuen, zukunftsorientierten Ticketmodellen konzentrieren.
Nach und nach realisierten wir: Es war ein immenser Gewinn, ein Stück des ganzen Kuchens zu besitzen, der für die Digitalisierung des Kundenerlebnisses notwendig war. Um an unser Ziel des absoluten Kundenmehrwerts zu gelangen, galt es ein Problem nach dem anderen zu lösen. Rückblickend war der Problemlösungsprozess vergleichbar mit der kontinuierlichen Verbesserungsmethode nach “Kaizen”, bekannt durch den Weltkonzern Toyota Genchi-Genbutsu-Methode. In den nächsten Jahren lösten wir zahlreiche Probleme auf diese Weise. Einige davon waren:
Damit war unsere erste Version der INSIDE LAAX App geboren. Wir fügten der Winter-App von INSIDE LAAX Punkte und Auszeichnungen hinzu, die sich der Nutzer verdienen konnte, indem er seinen Skipass mit der App verknüpfte. Dadurch konnte der Nutzer seine Tage am Berg mitverfolgen. Kein neuartiges Konzept eigentlich. Aber der Fokus unseres Systems lag auf Einfachheit und Spielspass.
Kurz vor Weihnachten während unserer allerersten Wintersaison mit der neuen INSIDE LAAX App passierte dann etwas, was keiner von uns für möglich hielt. Innerhalb weniger Wochen war die App zum Gesprächsstoff der ganzen Gegend geworden. Es wurde darüber diskutiert, wer welche Erfolge erzielt hatte. Diese Diskussionen fanden an allen möglichen Orten statt, sei dies auf dem Skilift, in der Après-Ski-Bar oder zuhause am Esstisch. Wir waren versehentlich auf Gold gestossen! Das Prinzip dahinter war überraschend einfach: Wir kombinieren Funktionalität mit Emotionen. Die Webcams und Ticketkäufe hielten wir so simpel und effizient wie möglich, um eine möglichst hohe Funktionalität und somit möglichst grossen Nutzen zu erzielen. Darauf wurden spassorientierte Funktionen gepackt, wie bspw. die Möglichkeit, den Fortschritt der eigenen Saison aufzuzeigen, sich mit anderen zu vergleichen oder sich bestimmten Herausforderungen zu stellen. Durch die digitale Interaktion wurde das Skierlebnis für den Gast um eine Dimension erweitert. Und für uns gab es plötzlich einen Grund, uns auf eine digitale Ebene zu begeben, die es so in diesem Umfeld bisher noch nicht gab.
Heute besteht unser Team aus 15 Experten aus den Bereichen Softwareentwicklung, Datenanalyse, automatisierte Kommunikation, kreative Kampagnenstrategien, Modellierung von Treue- und Preisstrategien und Forschung. Es gibt nur wenige Probleme, mit denen wir in den letzten Jahren im touristischen Umfeld nicht konfrontiert wurden.
Mittlerweile haben wir Softwareplattformen für Resorts entwickelt, die es erlauben, das Gästeerlebnis dank digitalem Einsatz gezielter zu orchestrieren und massgebend zu verbessern. Heute stehen wir kurz vor der Lancierung unseres dritten grossen Resort-weiten Konzepts. In der vergangenen Wintersaison nutzten fast 200.000 Gäste inside labs Apps während ihres Skierlebnisses in LAAX oder Zermatt. Vor der COVID-Krise strebten wir einen Umsatz von 20 Millionen USD über unsere Plattformen an.
Wie sich im Laufe der Jahre gezeigt hat, stellt sich unser Erfolgsrezept aus der Kombination der folgenden Aspekte zusammen:
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Demnächst werden wir Dir weitere Einblicke in unsere Geschichte liefern. Es werden erfolgreiche Beispiele dabei sein, aber auch solche, bei welchen wir gescheitert sind. Wir werden aufzeigen, wie unsere Arbeit unser Verständnis von Digitalisierung im Tourismus verändert hat. Möchtest du mehr wissen und vertiefte Insights zu ganz spezifischen Themen rund um die Digitalisierung im Tourismus erhalten? Dann checke unsere inside talks, unser hauseigenes inside ninja Programm oder unsere inside labs Artikel auf Medium. Über diese Kanäle teilen wir unser Wissen zu fachspezifischen Themen aus der inside labs Digitalisierungs-Schmiede.